Nachdenkliches zum Vöhrumer Plattdeutsch

Von Adolf Cordes

Adolf Cordes ist ein geborener Vöhrumer und einer, der das Vöhrumer Platt noch verstehen kann.

Kürzlich besuchte ich eine plattdeutsche Lesung in der Buchhandlung „Gillmeister“ in Peine.

Warum wird in Vöhrum nicht mehr platt gesprochen? Das waren so meine Gedanken. Bis ca 1940 war nicht nur in Vöhrum die Umgangssprache ausschließlich Plattdeutsch. Im Jahre 1900 hatte Vöhrum ungefähr 1000 Einwohner. Außer mit dem Pastor oder Lehrer wurde auf der Straße und zu Haus  nur plattdeutsch gesprochen. Die Kinder (bis etwa zum Geburtsjahr 1950) wuchsen Zuhause – wenn ich es so ausdrücken darf – zweisprachig auf. Die Eltern sprachen mit ihren Kindern überwiegend Hochdeutsch, mit ihren Eltern und den Altvorderen Vöhrumer Platt.

Die sprachliche Umwälzung in Vöhrum begann schon nach der Fertigstellung der  Bergmannssiedlung und dem Zuzug der Bergleute aus dem Ruhrgebiet, usw. Als erstes mussten die Geschäftsleute (Bödecker, Schlüter, Benner, Brendecke) mit den Neukunden ausschließlich Hochdeutsch sprechen. Nur mit den eigenen Leuten (die Bauern sagten: auße Deinstmäken und ause Knecht) wurde noch platt gesprochen.

Ich persönlich (Jahrgang 1936) verstehe zwar Platt, kann es aber nur bedingt Schreiben oder Lesen. Plattdeutsch hört sich aber gut an: Zum Beispiel: Ikk will Middewochen Mess feuh`rn oder: gah mal nan Slachter Brunke un frage ob hey noch vorr Wiehnachten bee üsch slachten kann unn Frage gleiks naan Brennetrog. In der bäuerlichen Zusammenarbeit untereinander hatte es zu der Zeit mit denen von der „Siedlunge“ auch so seine Besonderheiten. In Vöhrum wurde bis zur Währungsreform im Juni 1948 auch Buscherbsen angebaut. Ich kann mich noch erinnern, es saßen etwa 6-7 Frauen auf einen kleinen Hocker nebeneinander und pflückten die Schoten der Erbsen in einen Korb. Da auch Frauen von der Siedlung dabei waren, wurde zwangsläufig Hochdeutsch gesprochen. Die Wortfindung war manchmal nicht einfach und manche Vöhrumerinnen sagten: Aftschen statt Erbsen und Reube statt Rüben.

Als der unselige Krieg im Mai 1945 zu Ende war, kamen viele Heimatvertriebene und Flüchtlinge  aus Pommern, West/Ostpreußen und aus Nieder bzw. Oberschlesien nach Vöhrum. All diese Menschen sprachen noch lange Jahre untereinander ihre eigene Mundart. Die spielenden und auch die Schulkinder passten sich schnell der Hochdeutschen Sprache an. In der Kirche der Pastor und auch die Lehrkräfte in der Schule sprachen nur Hochdeutsch. Die Hochdeutsche Sprache war nun in Vöhrum angekommen. Neuvöhrumer heirateten in alte Vöhrumer Familien ein und so kam es, das rings um Hannover das reinste Hochdeutsch gesprochen wird (habe ich einmal gelesen).

Nach meiner Meinung war das Vöhrumer Platt ab ende der vierziger Jahre des letzten Jahrhundert in Vöhrum endgültig passe. In Heimatgruppen wird nun versucht, das Plattdeutsch wieder aufleben zu lassen.

Adolf Cordes