Tongrube Vöhrum – In einem Meer vor unserer Zeit

Von Thilo Lampe

Hinweis: Alle Fotos: © Thilo Lampe

Folgenden Sie auch dem Bericht zum entstandenen Geopfad Vöhrum-Schwicheldt

Vöhrum in einem Meer vor unserer Zeit
Vor 100 bis 120 Millionen Jahren lag Vöhrum inmitten eines Flachmeeres, das durch weite Pforten Anschluss zum Ur-Ozean Tethyshatte. In diesem Meer lebten urzeitliche Tintenfische, Schwimmsaurier, Haie und andere Meeresbewohner. Leider wird seit 2008 kein Ton mehr in der südwestlich von Vöhrum gelegenen Grube abgebaut, sodass sie sich mit Regenwasser füllt und das Finden von Fossilien sehr schwierig geworden ist. Über viele Jahre konnten in den ehemaligen Vöhrumer Tongruben einzigartige Fossilien gefunden werden. Weltweit gibt es nur wenige Fundstellen, in denen Ammoniten mit Perlmuttschale gefunden werden. Die irisierende Schale besteht aus Aragonit, das nicht in Calzit umgewandelt wurde. Dadurch wird einfallendes Licht zwischen den einzelnen Schichten reflektiert und gebrochen, sodass wunderschöne Perlmuttfarben im Licht schimmern.

  • Foto: © Thilo Lampe – Tongrube Vöhrum, Ammonit mit Aragonit, Durchmesser ca. 50 mm

  • Foto: © Thilo Lampe – Tongrube Vöhrum, Ammonit, Durchmesser ca. 200 mm

  • Foto: © Thilo Lampe – Tongrube Vöhrum, Sammlung

  • Foto: © Google Earth – Tongrube Vöhrum 2011

In der Tongrube Vöhrum sind die Schichten des Apt und Alp der Norddeutschen Unterkreide aufgeschlossen. Die Schichten führen dunkle schwarzgraue Tone und eine dünne Tufflage, die vulkanischen Ursprungs ist. Mehrere Geodenlagen mit sehr schönen Pyritkristallen gliedern das geologische Profil der Tongrube. Geoden sind Kalkknollen, die im Ton eingelagert sind.

Über Jahrzehnte wurden in den Vöhrumer Tongruben von Fossiliensammlern und interessierten Familien schöne Fossilien gefunden, und nach Einholen einer Sammelerlaubnis im Kerabawerk konnte der Spaß beginnen. Im Prinzip reichte das Absammeln der Tonflächen, doch einige Hartnäckige griffen noch zu Spitzhacke und Spaten, um dem Glück auf die Sprünge zu helfen. Natürlich war das ganze Sammelvergnügen mit jeder Menge Dreck verbunden, sorgfältiges Reinigen der Funde und der Kleidung waren somit unabdingbar.

In Vöhrum konnten Ammoniten der Gattungen Leymeriella und Hypacanthopliten gefunden werden. Seltener war die Gattung Callizoniceras. Korallen und Schnecken, sowie plattgedrückte Seeigel waren stellenweise zu finden. Die Ammoniten konnten bis zu 30 cm groß werden, für diese ausgestorbenen Tintenfischgehäuse ein sicherlich stolzes Maß.

Bekannt wurden die Ammoniten aus Vöhrum aber wegen ihrer Schönheit, die Perlmuttschicht konnte viele Sammler begeistern.

Thilo Lampe

Der Hobby-Paläontologe Thilo Lampe aus Sonnenberg, ist durch seine zahlreichen Fossilienfunde und Veröffentlichungen ein Fachmann auf seinem Gebiet. Er hat eine beachtiche Sammlung und Fossilien aus seinem Fundus bereichern auch öffentliche Ausstellungen. Die Bilder dieses Artikels zeigen einige seiner Fossilienfunde aus der Vöhrumer Tongrube.

Weitere Informationen zur wissenschaftlichen Bedeutung der Tongrube Vöhrum/Schwicheldt erhalten Sie auf den Webseiten des

Arbeitskreis Paläontologie Hannover

  • Foto: © Thilo Lampe – Tongrube Vöhrum, Korallen, ca.12 mm

  • Foto: © Thilo Lampe – Tongrube Vöhrum, Callizoniceras, 60 mm

  • Foto: © Thilo Lampe – Tongrube Vöhrum, Muschel, ca. 15 mm

Ergänzung von Rolf Ahlers/Sven Pleger

Die ältesten Vöhrumer: „Protocythere vöhrumensis“ – Muschelkrebse

Auch wenn die Erwartungen groß sind, es war ein eher kleines, rundliches Tier, weniger als 1 Millimeter lang, ein krebsähnliches Tier aus der Familie der sogenannten Ostrakoden. Die besondere Bedeutung des Fundes aus der ehemaligen Tongrube in der Feldmark liegt darin, dass dieser Muschelkrebs nach Vöhrum benannt worden ist und damit den Ortsnamen in der Welt der Forschung bekannt machte. Gelebt hat er während der Kreidezeit, das war eine „Wasserwelt“, die vor 145 Mio. Jahren begann und vor 65 Mio. Jahren endete. Wo heute Vöhrum liegt, war also einst ein Meer. – In Vöhrum gefundene Ammoniten beschreiben die über Mio. Jahre hinweg entstandenen genetischen Veränderungen von einer Art zur nächsten. Die Vöhrumer Ammoniten in weltweit seltener Perlmutt-Erhaltung wurden weltberühmt.