Meine Schulzeit und Kriegsende in Vöhrum

Von Adolf Cordes

Im zweiten Halbjahr 1944, also noch während der Kriegszeit, wurde ich in die Vöhrumer Schule –jetzt Polizei u. Verwaltungsaußenstelle der Stadt Peine- eingeschult. Unsere erste Klassenlehrerin hieß Frau Hagemeister und anschließend war Herr Voges unser Klassenlehrer. Die Fam. Voges wohnten gegenüber des Sportplatzes in der Eckwohnung der Bergwerkssiedlung. Manchmal spielte dessen einziger Sohn Hugo –er war etwa 2-3 Jahre älter als wir- mit uns. Wenn Frau Voges ihren Sohn zum Essen rief, tat sie dies mit einem lauten langgezogenen Ruf Huuuuuuuugo. Hugo ist seit 2003 Ortsbürgermeister von Hämelerwald.
Während des Krieges musste jeder Schüler ein Verbandpäckchen vor der Brust tragen. Bei Fliegeralarm mussten wir die Schule verlassen und schnell in den großen Erdbunker in der Weide hinter Landwirt Niebuhr laufen.
Am 09. April 1945 war dieser, am 01. Sept. 1939 angefangener Krieg mit dem Einmarsch der Amerikaner für uns in Vöhrum beendet. In endlosen Kolonnen donnerten die großen Panzer und Lkw mit aufgesessenen GI von Schwicheldt kommend die Schwicheldter Straße entlang. Die ersten Häuser entlang der Straße wurden anschließend requiriert und mit Besatzungssoldaten besetzt.
Wir Kinder sahen zum ersten Mal farbige Menschen und tauschten mit diesen Eier gegen Schokolade und Kaugummi. Kaugummi kannten wir nur vom Hörensagen. Die Einwohner von Vöhrum wurden per Ausrufer aufgefordert die Waffen abzuliefern. Ich weiß noch, wie die Langwaffen zu Pyramiden aufgestellt entlang der Häuser Heinrich Behrens, Adolf Giere standen und anschließend durch Feuer unbrauchbar gemacht wurden.
Nun begann für die Einwohner von Vöhrum erst recht eine harte Zeit! Zu den derzeitigen Einwohner von 2535 kamen 1945 bis 1946 Ca 1000 Flüchtlinge und Heimatvertriebe hinzu.
Die Schar unserer Spielkameraden und auch die der Schüler nahm unheimlich schnell zu. In den einzelnen Klassen waren wir fast immer 40 Kinder. Etliche Lehrer waren heimatvertrieben, kriegsverletzt und auch in Vöhrum spartanisch untergebracht. Da die Lehrer fast alle politisch gebrannte Kinder waren, wurde über Politik im Unterricht nicht gesprochen.
Als provisorischer Schulraum war der Saal in der damaligen Gastwirtschaft Deneke –jetzt Einhorn Apotheke- eingerichtet.
In jedem Schulraum war ein großer Bullerofen, der während der Stunden von dem Schüler versorgt werden musste. Schreibpapier und Schreibutensilien waren kaum vorhanden. Es musste immer improvisiert werden. Dank der amerikanischen Bevölkerung gab es ab Frühjahr 45 für bedürftige Schulkinder die so genannte Schulspeisung. Dies war überwiegend eine dicke Milchsuppe mit Rosinen die auf dem Schulhof an der Pumpe aus großen Kannen an die Schüler ausgegeben wurde. Ich war zwar auch bedürftig aber Einheimischer und bekam nichts.
Natürlich gehören zum Kriegsende die Zeit des Kohlenklauens und Schwarzschlachtens und vieles andere mehr, was die Mangelwirtschaft bis zur Währungsreform 1948 so mit sich brachte.
Da Alles ist schon lange, lange her und für die heutige Generation Geschichte, aber wenn es gefällt kann ich noch vieles darüber schreiben.

Adolf Cordes