Der Sandwagen kommt

Heute unglaublich, damals üblich, Reinemachen auf dem Dorpe
Von Adolf Cordes

Es ist schon viele Jahre her, dass meine Mutter (1908-1995) mir folgendes erzählte:

„Wir wohnten bis ca. 1930 in dem Haus Kirchvordenerstraße 33.

Meine Eltern haben das Haus etwa 1929 an Wilhelm Peters verkauft. Vorher hatten sie sich ein Haus am Hainwaldweg gebaut. Im angebauten Haus hat nun der Enkel  meines Vaters Werner Plate eine Schlosserei. Mein Vater Otto Plate (geb. 1876 gest. 1965) stammte aus Abbensen und hatte -wie man so landläufig sagte, in das Haus eingeheiratet. Er arbeitete auf dem Walzwerk. An das Wohnhaus war ein Stall angebaut, in dem wir Ziegen, Schweine und Hühner hatten. (Das Hygienedenken und die Trennung des Wohn- und Stallbereiches war bis ca. 1960 in unserer Region noch nicht so sehr ausgeprägt).

Es blieb daher nicht aus, dass meine Eltern und auch wir Kinder an unseren Holzpantinen (auf platt sagten wir: Hölschen) den Stallmist in den Wohnbereich des Hauses trugen. Die Küche und der Flur waren mit feinem Sand ausgestreut, so blieb der an den Schuhen haftende Unrat eine Woche liegen. Die Aufgabe von uns Kindern war, den feinen Sand samt Unrat samstags fein säuberlich auszufegen und vor dem Haus auf den Misthaufen zu werfen (wir sagten: ub- en Mess tau smei-iten).

Durch lautes Klingeln mit einer Glocke hatte sich der durchs Dorf fahrende Sandwagen schon lautstark angekündigt.

Wir kauften immer für wenig Geld zwei Wassereimer feinen Streusand.

Der neue Sand wurde dann fein gleichmäßig in Flur und Küche ausgestreut und die Fußbodendielen wurden durch den Sand geschmirgelt und sahen immer wie „Neu „ aus. Meine Mutter Alwine Plate 1889-1958 schmirgelte immer ihr Butterfaß und die anderen Holz Küchengeräte damit.

Nun konnte die neue Woche und eventueller Besuch kommen.

Das obige Bild ist etwa 1913 entstanden, zu sehen ist mein Onkel, meine Großeltern, meine Mutter, meine Tante, meine Urgroßmutter und wahrscheinlich meine UrUrgroßmutter.

Ich habe diese Anekdote aufgeschrieben, damit spätere Generationen einen Einblick in das Wohnen der damaligen Zeit bekommen.

Adolf Cordes